Programm der Gesprächsreihe von KWK

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So scheinen die Kämpfe der weiblichen* Arbeiterinnen nur selten im traditionellen Arbeits- und Klassenkampf auf und die Betroffenen werden nicht zuletzt von Linken Autoren als ›Lumpenproletariat‹ und ›Hausfrauen‹ aus der sog. Arbeiterklasse ausgeschlossen.

Bojana Kunst (SVN) ist Philosophin, Dramaturgin und Performancetheoretikerin. Sie ist Professorin am Institut für angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen und leitet dort den internationalen Master ›Choreografie und Performance‹.
Juanita Henning (Doña Carmen e.V. - Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten) (D) engagiert sich als Prostituiertenselbsthilfeorganisation seit ihrer Gründung 1998 für die sozialen und politischen Anliegen von Prostituierten, insbesondere von Prostitutionsmigrantinnen. Der Verein berät und betreut Prostituierte und unterhält eine Beratungsstelle für die Frauen und ihre Angehörigen. Der Verein bemüht sich um vertraglich geregelte Beschäftigungsverhältnisse für Prostituierte und tritt ein für die Anerkennung von Prostitution als Beruf.

#2 Bildet Banden! Mobilisierung und Taktiken im Arbeitskampf.
In Zeiten prekarisierter und individualisierter Beschäftigungsverhältnisse erscheinen die traditionellen Mittel des Arbeitskampfes – Streik, Organisation in Gewerkschaften und Betriebsräten, Tarifverhandlungen – unzeitgemäß. Wie können neue Organisations- und Kampfformen geschaffen werden, die sich nicht nur an festangestellte Lohnabhängige richten, sondern die Trennungen von Festangestellten und ›Tagelöhnern‹, bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Reproduktionsarbeit überschreiten und hinterfragen?

Christian Krähling (Vertreter Amazon-Streik-Bündnis) (D) ist ein Zusammenschluss der auf unterschiedlicher Basis Beschäftigten beim Versandhandel amazon. Das Bündnis hat sich 2013 aus Anlass eines Streiks am Standort Leipzig gegründet.

Elfriede Harth (Netzwerk Care Revolution) (D/COL) ist ein Zusammenschluss von über 80 Gruppen und Personen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in verschiedenen Feldern sozialer Reproduktion – Hausarbeit, Gesundheit, Pflege, Assistenz, Erziehung, Bildung, Wohnen und Sexarbeit – aktiv sind. Gemeinsam ist ihnen der Kampf gegen Lücken in der öffentlichen Daseinsvorsorge, die zu Überforderung und Zeitmangel führen. Langfristig streben sie neue Modelle von Sorge-Beziehungen und eine Care-Ökonomie an, die nicht Profitmaximierung, sondern die Bedürfnisse der Menschen ins Zentrum stellt, und die Sorgearbeiten und Care-Ressourcen nicht nach rassistischen, geschlechtlichen oder klassenbezogenen Strukturierungen verteilt.

20.05.2017, 18:00 h, Vierte Welt Berlin

#3 Klasse und Intersektionalismus
In einer globalisierten Welt erscheint das Geflecht aus ökonomischer Ausbeutung und sozialer, gesellschaftlicher und politischer Unterdrückung unentwirrbar. Ist der Klassenbegriff noch ein angemessenes Werkzeug angesichts der unüberschaubaren Vielzahl von Kämpfen?

Nikita Dhawan (IN) ist seit 2014 Professorin für Politische Theorie mit thematischer Akzentuierung im Feld Frauen- und Geschlechterforschung an der Universität Innsbruck.

Maria do Mar Castro Varela (ES/D) Professorin für Allgemeine Pädagogik und Soziale Arbeit, Alice Salomon Hochschule Berlin.

#4 Organize! Praxis vs. Theorie im Kampf gegen UnterdrückungIm Kampf gegen Unterdrückung erscheinen zwei Felder als problematisch: 1.) Wie lässt sich Theorie und Praxis verknüpfen? 2.) Wer wird repräsentiert, wer nicht? In diesem Gespräch sollen beide Aspekte untersucht werden, um die Möglichkeit eines gemeinsamen Kampfes ins Auge zu fassen.

International Women’s Space (int/D) ist eine feministische Gruppe von migrantisierten und geflüchteten Frauen, und Frauen ohne diese Erfahrung, die aktiv sind im Kampf gegen Rassismus, Sexismus und andere sich überschneidende Machtverhältnisse. Die Gruppe wurde während der Besetzung der Gerhart-Hauptmann-Schule Berlin im Dezember 2012 gegründet.

Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft (D) sind ein sozialrevolutionärer Zirkel in Berlin, der u.a. die Zeitschrift KOSMOPROLET mitherausgibt (kosmoprolet.org). image

#5 Was tun? Solidarität organisieren
Inwieweit können aktivistische und künstlerische Strategien in die hegemoniale Ordnung emanzipatorisch intervenieren und diese hinterfragen? Oft wird angenommen, dass sich Kunst und konkrete politische Aktionen unversöhnlich gegenüberstehen. In diesem Gespräch soll untersucht werden, was für Taktiken und Strategien für Veränderung von gesellschaftlichen Zuständen nötig sind - beispielsweise die Besetzung, der Streik oder andere ästhetisch-politischen Interventionen in die Gesellschaft. Inwieweit speist sich der politische Wille aus dem utopischen Raum der Kunst und welche Rolle spielen Kunst und Aktivismus für die Bildung eines Bewusstseins über die eigene Lage in der Gesellschaft?

David Riff (RUS/D) ist Schriftsteller, Übersetzer, Künstler und Kurator. Riff ist Mitglied der Arbeitsgruppe Chto delat/What is to be done? und war an weiteren Künstlerkollaborationen, wie zum Beispiel der Learning Film Group oder der Karl Marx School of the English Language, beteiligt. Riff ist Professor an der Rodchenko Moscow School of Photography and Multimedia.
Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (D) ist eine Gewerkschaftsföderation die sich für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen u. a. durch Arbeitskämpfe und Bildungsarbeit einsetzt.

02.06.2017, 18:00 h, Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt am Main
#6 Macht Wissen! No learning without interest
Dieses Gespräch widmet sich den Produktionsbedingungen von Wissen. Die Institutionen, die der Wissensvermittlung dienen, produzieren durch die Art der Vermittlung den Glauben eines universellen und ahistorischen Wissens und verschleiern damit, dass ihnen Machtstrukturen zugrunde liegen. In diesem Gespräch sollen die strukturellen Funktionsweisen an Schulen bzw. Universitäten reflektiert und dann nach Forderungen der Umgestaltung eben jener gesucht werden.

unter_bau (D) ist eine Gewerkschaftsinitiative an der Universität Frankfurt am Main und zielt auf eine umfassende Transformation der Hochschule. Dafür gilt es, die Handlungsspielräume zu erweitern, indem Arbeitsverhältnisse verbessert und Mitspracherechte ausgeweitet werden.

Black Diaspora School (D) ist eine Bildungsinitiative für schwarze Jugendliche. In der BDS treffen sich jugendliche um gemeinsam für die Schule und außerschulische Bildungsprojekte zu lernen. Kürzlich ist in Kooperation mit dem Ballhaus Naunynstraße ein Film über Empowerment, Rassismus und das Leben Schwarzer Menschen im Wedding entstanden. Die BDS entwickelt sich nach den Bedürfnissen der Jugendlichen weiter. Jeden letzten Freitag im Monat sind Schwarze Jugendliche außerdem zum Black Youth Fridayz eingeladen – zum gemeinsamen Musikhören, Austauschen, Kennenlernen und Netzwerken.

#7 Subvert Institutions! Mitgegangen, mitgefangen?
Dieses Gespräch untersucht die Notwendigkeit und Problematik von Institutionen. Einerseits werden Rechte und Gleichberechtigung durch Institutionen vermittelt, andererseits sind in ihnen auch Formen der Unterdrückung sedimentiert. In dem Gespräch soll ein subversiver Umgang mit Institutionen erarbeitet werden.

Illia Yakovenko (UKR) ist Künstler und Aktivist. Er studierte u.a. am ICA Moskau, Chto Delat’s School for Engaged Art und Ashkal Alwan Beirut. Er ist Mitglied der co-operative for creative reseach ›Krasnaya Shpana‹ (Hamburg–Kiew–Moskau) und Tawaaniya co-operative (Beirut–Istanbul–Kiew–New York). Er lebt und arbeitet in Kiew.

Gregory Sholette (US) ist Künstler, Aktivist und Autor. Er schreibt u.a. für die Magazine Eflux, Critical Inquiry, Texte zur Kunst, October, CAA Art Journal und Manifesta Journal. Er ist Professor am Queens College Art Department der City University of New York, Mitglied des Kuratoriums des HomeWorkSpace Program am Ashkal Alwan Beirut und Gründungsmitglied der Gulf Labor Coalition.

03.06.2017, 21:00 h, zeitraumexit Mannheim

#8 Provoke! Taktiken des AufstandsÖffentlichkeit und Aufmerksamkeit sind wichtige Aspekte des emanzipatorischen Kampfes. Die Mittel sind jedoch verschieden: von akademischen Diskursen, über subversive Strategien, bis hin zu offener Provokation und Grenzüberschreitung spaltet sich der Kampf in verschiedene Taktiken. Dabei stellt sich die Frage, für welches konkrete Ziel ist welches Mittel angemessen. In dem Gespräch sollen unterschiedliche Haltungen in Feminismus und Arbeitskritik diskutiert werden.

Stefanie Sargnagel (AUT) ist eine Autorin und Künstlerin. Themen ihrer literarischen Arbeit sind Leistungsverweigerung und radikaler Feminismus. 2016 nahm sie am Wettbewerb zum Ingeborg-Bachmann-Preis teil und erhielt den BKS Bank-Publikumspreis. Sie ist Mitbegründerin der Burschenschaft Hysteria. In diesem Jahr ist sie Klagenfurter Stadtschreiberin.

Anna Kow (D) sind Teil der Redaktion der Ende 2008 in Leipzig gegründeten Zeitschrift ›outside the box‹, die sich einer umfassenden Gesellschaftskritik mit feministischem Fokus verschrieben hat.

#9 Wem gehört die Welt?
Der Kampf um die Sichtbarkeit Frauen die Hausarbeit erledigen und Menschen mit Behinderung teilen das Los der Benachteiligung am oder gar den Ausschluss vom Arbeitsmarkt. Durch den Ausschluss aus der Vergesellschaftung ihrer Tätigkeiten, da diese nicht in Lohn stehen, fehlt diesen Gruppen die Sichtbarkeit. In diesem Gespräch wird die hegemonial-ästhetische Wahrnehmung und der Ausschluss von marginalisierten Gruppen aus dieser und ein praktischer Ansatz für einen Kampf um Sichtbarkeit diskutiert. Auch in linken Diskursen, gerade im Bezug auf die Arbeiterbewegung und den Klassenbegriff, findet sich oft ein problematisches Verhältnis zu diesem Thema. In der Sitzung soll deshalb der Begriff des Klassenbewusstseins kritisch auf sein Verhältnis zu Menschen mit Behinderung und Anderen vom Arbeitsmarkt benachteiligten befragt werden.

Siegfried Saerberg (D) ist Soziologe, Kurator und Künstler. Für den Verein Blinde und Kunst kuratierte er die Ausstellung „Art blind“ und gab ein Buch über Sexualität und Behinderung heraus.

Katherine Braun (D) ist Soziologin. Sie forscht zur Rassismus, Sexismus, Illegalisierung, Migrationspolitik und transnationalen Lebensformen an der Schnittstelle von Wissenschaft und Aktivismus. Sie arbeitet an der Universität Göttingen am Insitut für Europäische Ethnologie zu globalen Migrationsbewegungen und Genealogien sogenannter „Willkommenskultur“ und ist Mitglied von Kritnet sowie Redaktionsmitglied und Mitherausgeberin der Zeitschrift „Movements“- Journal für kritische Grenz- und Migrationsregimeforschung.
01.07.2017, 21:00 h, zeitraumexit Mannheim

#10 Klasse – mit oder ohne Lohnarbeit?
Während viele marxistische Theoretiker_innen an Marx’ zentraler These von der wertschaffenden menschlichen Arbeit und dem revolutionären Potenzial der Ausgebeuteten festhalten, soll in diesem Gespräch untersucht werden, inwiefern die Arbeit per se als transhistorische Konstante des Menschen und die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt im Hinblick auf die emanzipatorische Umgestaltung der Gesellschaft brauchbar ist.

Alex Demirović (D) ist ein deutscher Sozialwissenschaftler und ein Vertreter der kritischen Theorie. Er ist Senior Fellow der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Arbeitsschwerpunkte: Demokratie- und Staatstheorie, kritische Theorie der Gesellschaft, Intellektuelle, Bildung und Wissen.

Roswitha Scholz (D) ist feministische Publizistin, Buchautorin und Mitbegründerin der Zeitschrift “EXIT!”. Anders als andere feministische Autorinnen bricht Scholz kritische Theorie grundsätzlich mit dem Arbeiterbewegungsmarxismus und hebt stattdessen die marxische Wertkritik hervor.

#11 Lumpenproletarians unite!
Angesichts der Ressentiments, die Sexarbeiter_innen entgegengebracht wurden, ist die politische Selbstorganisation von diesen von besonderer Bedeutung. Gerade in Zeiten, in denen Beschäftigungsverhältnisse zunehmend prekarisiert - ›lumpenproletarisiert‹ - werden ist die Prostitution für Marx nur ein ›besondrer Ausdruck der allgemeinen Prostitution des Arbeiters‹. An diesem Beispiel soll die soziale Ausgrenzung bestimmter Tätigkeiten untersucht werden, die die politischen Entrechtung und mithin verschärfte Ausbeutung der Arbeitenden ermöglicht und der zeitgenössische, neoliberale Arbeitsbegriff kritisiert werden. Und warum überhaupt arbeiten?

Paula Ezquerra (ARG/ES) Feministische Prostituierte, Aktivistin, Repräsentantin und Mitglied des feministischen Zusammenschlusses der Sexarbeiterinnen “prostitutas indignadas” und ehemaliges Ratsmitglied der Partei CUP in Barcelona.

Xiomara Tortoza (VE/D) ist Sozialarbeiterin in Hamburg und setzt sich für Migrant*innen ein. Tortoza leitete in Venezuela ein Bildungszentrum. In Hamburg setzt sie ihre pädagogische und politische Tätigkeit fort und und engagiert sich in Projekten, die den politischen Prozess in Venezuela unterstützen. Sie ist Gründerin der lateinamerikanischen Frauengruppe "Abriendo Espacios" und der Venezuela-Solidaritätsgruppe "Salón Protagónico".